Plädoyer für eine neue europäische KMU-Strategie

Am 1. Oktober 2019 hat Bundeswirtschaftsminister Altmaier seine Mittelstandsstrategie vorgestellt. Sie trägt den Titel »Wertschätzung, Stärkung, Entlastung«. Diese Schlagworte sollten als Zieldreieck auch für die europäische KMU-Strategie dienen.
Die politischen Leitlinien der designierten Kommissionspräsidentin von der Leyen sehen vor, dass die Europäische Kommission eine neue Mittelstandsstrategie auflegt. Sie soll – wie in Deutschland – eigenständig neben einer neuen Industriestrategie stehen. Die Frage ist jedoch, welche Inhalte die Strategien haben werden. Bisher zeichnet sich ab, dass die europäische Industriestrategie holistisch angelegt ist, sich also mit einer Vielzahl von Chancen und Herausforderungen befasst, während die KMU-Strategie punktuell angelegt ist, den Fokus vor allem auf den Zugang zur Finanzierung legt. Das wäre enttäuschend.

Die Industriestrategie soll sich ausweislich der an die Kommissarsanwärter gerichteten Beauftragungsschreiben insbesondere mit Investitionen befassen, mit internationalem Handel, mit Vergaben (und damit auch mit Beihilfen), mit Bildung, Innovation, mit dem »green deal« und der Kreislaufwirtschaft. Vieles davon ist ebenso für kleine und mittlere Unternehmen von Bedeutung. Aber die KMU-Strategie schlägt den Bogen nicht. Ziel der neuen Mittelstandsstrategie ist ausweislich der politischen Leitlinien vor allem die Unterstützung von »scale-ups«, das heißt von Unternehmen in Wachstumsprozessen. Gemeint sind junge und geschäftstüchtige High-Tech-Pioniere. Entsprechend soll das Thema Zugang zu Finanzierung eine erhebliche Rolle spielen, ebenso die Erleichterung des Marktzugangs, gerade bei neuartigen Geschäftsmodellen.
Ein auf »scale-ups« verengter Ansatz der KMU-Strategie wird der Bedeutung und den Anliegen von Handwerk und Mittelstand nicht gerecht. Die europäische KMU-Strategie muss gerade auch das »traditionelle« Gewerbe auf dem Weg der bevorstehenden ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformation begleiten und stärken. Das bedeutet, die Strategie muss insbesondere die Megatrends Klima, Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung adressieren.
Erforderlich ist des Weiteren eine Säule zur besseren Rechtsetzung. Diese muss auf die Vermeidung unnötiger Belastungen gerichtet sein. Gerade im Handwerk ist das ein stetes Anliegen der Unterneh-men. Es gilt, die Folgenabschätzung weiter zu verbessern und sicherzustellen, dass »think small first« gilt. Damit Bürokratievermeidung gelingt, bedarf es ergänzend eines verbesserten institutionellen Rahmens. KMU sind eine heterogene Gruppe, KMU-Folgenabschätzungen sind komplex. Wer Bürokratie vermeiden will, muss zunächst überblicken, wo unnötige Aufwände entstehen könnten. Dazu gehört zum Beispiel herauszufinden, inwiefern Unternehmen in den Anwendungsbereich einer Regelung fallen, die eigentlich nicht die Zielgruppe sind. Hier braucht es einen Kümmerer, und zwar in jeder Generaldirektion der Kommission. Neben der Bürokratievermeidung ist weiterhin auch die Überprüfung des bestehenden Rechts erforderlich.
Schließlich ist als dritte Säule eine Verknüpfung der europäischen Strategie mit Mittelstandspolitiken der Mitgliedstaaten und Regionen wünschenswert. Betriebe nehmen die Regelung und das Umfeld wahr, das in ihrer Region gilt. Ob Europa, der Bund oder das Land für einen bestimmten Zustand ursächlich sind, ist für Unternehmen ebenso wie für Bürger nicht zwingend erkennbar. Andersherum: die Schnittstellen müssen funktionieren, damit KMU-Politik wertschätzend, stärkend und entlastend wirken kann.
(16.10.2019; Quelle: WHKT-Report)

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